Route des Grandes Alpes

Die Route des Grandes Alpes ist einer der berühmten französischen Wege durch die Alpen zum Mittelmeer. Sie führt vom Genfer See zur Côte d'Azur und überquert 16 Hochalpenpässe (9 davon über 2000 m), darunter den Col de l' Iseran, den mit 2770 m höchsten Straßenpass der Alpen. Die Route überwindet auf ca. 700 km Länge einen Höhenunterschied von insgesamt 15 700 m. Die 1912 eröffnete Strecke setzt sich aus 600 km Departementsstraßen und 68 km Nationalstraßen zusammen. Mehrere Teilstücke bilden Etappen der Tour de France. Die Hochalpenstraße beginnt in Evian-les-Bains am Südufer des Genfer Sees und führt ziemlich genau in Nord-Süd-Richtung und meist der N 202 folgend, über 680 Kilometer und sechs der höchsten Alpenpässe nach Nizza an der Côte d'Azur. Man kann auch z.B. vom schweizerischen Wallis über Chamonix kommend, bei Le Fayet auf die 'Route' stoßen. 

Auch noch weiter südlich gibt es aus zahlreichen benachbarten Regionen die Möglichkeit, auf die Route zu treffen. Sie ist ein ausgemachter Sommerweg, also nur von Ende Juni bis Anfang Oktober befahrbar, weil in diesen Höhen die Schneeschmelze sehr spät und der erste Schneefall sehr früh einsetzt. Die Route des Grandes Alpes hatte ich schon länger in meine Planungen aufgenommen. 2006 sollte es nun soweit sein, den Alpenhauptkamm auf dieser berühmten Route zu überqueren. Eingeplant wurden von mir neben den beiden An- und Rückfahrtstagen noch 3 ganze Tage für die eigentliche Route.

Wegen der schlechten Wetterlage im August 2006 musste ich den Start einige Male verschieben. Am Donnerstag, 17. August 2006 machte ich mich dann erwartungsvoll auf den Weg in die Alpen.

Als Einstieg in die Route des Grandes Alpes wählte ich die alte Festungsstadt Bourg St. Maurice in Savoyen. Die Anfahrt aus dem schweizerischen Wallis erfolgte über den Großen und Kleinen St. Bernhard durch das italienische Aostatal.

Sehr gute Dienste leistete mir bei dieser Tour mein neues Navigationsgerät, der TomTom Rider. Die Routenplanung erfolgte am PC mit dem Motorradtourenplaner 2006/2007. Die  geplanten einzelnen Tagestouren wurden dann auf die Speicherkarte des TomTom Rider exportiert und anschließend eingelesen. So kam ich auf der gesamten Tour Fast ohne Karten aus. Die Hotelbuchungen nahm ich alle kurzfristig über das Internet vor. Verständigungsprobleme gab es keine, obwohl ich kein Französisch sprechen, Englisch reichte aus.

 

Daten zur Strecke:

 gefahrene Kilometer
(ohne An-/Abfahrt)
990 km
 Höhenmeter  21.292 m (Steigung)
22.251 m (Gefälle)
 Steigung:  max. 15,4 %
Durchschnitt: 4,9 %
Gefälle: Maximum: 13,8 %
Durchschnitt: 4,0

Höchster Punkt:

2802 m

 Niedrigster Punkt:

 4 m

gefahrene Pässe:

1  Großer St. Bernhard-Pass
2  Kleiner St. Bernhard-Pass
3  Col de l' Iseran
4  Col du Télégraph
5  Col du Galibier
 Alp d' Huez
7  Col du Lautaret
8  Col d' Izoard
9 Col de Vars
10 Col de la Bonette
11   Col St. Martin
12 Col de Turini
13 Castillionpass
14 Col du Brouis
15 Colle di Tenda
An-/Abfahrt: Flüela, Oberalb, Furka, Brenner

Anfahrt nach Oberwald

Der Wetterbericht hatte für den 17. August Nordföhn vorausgesagt und er behielt recht. Bei klarem blauen Himmel und angenehmen Temperaturen startete ich  die weite Reise durch die Alpen. Ich wählte die Route durch das Inntal und das schweizerische Engadin um zu meinem ersten Etappenort in Oberwald (im Gomstal) zu gelangen.

Über den Chemiesee gelangte ich auf die Inntalautobahn und weiter bis Landeck. Von dort fuhr ich das Inntal hoch, überquerte die schweizerische Grenze und erreichte das Unterengadin. In Susch verließ ich das Inntal und fuhr über den Flüelapass nach Davos. Von dort führte die herrliche Motorradstrecke durch das Landwassertal nach Tiefencastel. Weiter ging es durch die Schinschlucht nach Thuis. Auf der Landstraße fuhr ich das Hinterrheintal entlang nach Bonaduz. Hier führte mich das Navigationssystem auf die rechte Seite des Vorderrheintals. Und diese Strecke hatte es in sich. Auf einer sehr schmale Straße mit herrlichen Kurven und einigen engen Tunnels ging es bergauf nach Versam von dort führte die jetzt wieder breitere Straße über Valendas bergab  nach Jlanz. Dort wechselte ich auf die linke Seite des Vorderrheins und fuhr Richtung Oberalbpass. Ab hier ließ der Föhn nach und sehr schnell zogen Regenwolken auf die dann auch auf der weiteren Strecke über den Oberalppass und hinunter nach Andermatt für Nässe von oben sorgten. Während der Auffahrt zum Furkapass ließ der Regen nach und auf der Abfahrt ins Gomstal wurde die Straße schon wieder trocken. Gegen 17.30 Uhr erreichte ich Oberwald und fuhr direkt zum Hotel Ahorni wo ich sehr herzlich aufgenommen wurde.

Foto: Flüela-Pass

Foto: Wegweiser in Tiefencastel


Weinberge im unteren Rhoné-Tal
Weinberge im unteren Rhoné-Tal
Passhöhe Großer St. Bernhard
Passhöhe Großer St. Bernhard

Einstieg in die Route des Grandes Alpes  Anfahrt nach Bourg St. Maurice

Zwei Pässe und zwei Grenzübertritte liegen heute vor mir. Über den Große St. Bernhard werde ich die Schweiz Richtung Italien verlassen und der Kleine St. Bernhard wird mich nach einer kurzen Fahrt durch das obere Aostatal nach Frankreich zum Einstieg in die Route des Grandes Alpes bringen. Dem höchste Berg Europas, dem Monte Blanc werde ich dabei sehr nahe kommen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück machte ich mich daran, meine neue BMW fahrfertig zu machen. Dazu zählte auch, den durch den Regen anhaftenden Schmutz mit klarem Gebirgswasser (hinter dem Hotel Ahorni verläuft ein kleiner Bach) abzuwaschen. Nun konnte es losgehen. Die Kanton-straße 19 führt ruhig durch das Gomstal entlang der Rotten (so heißt hier die Rhône) durch viele Dörfer. Nach Fiesch folgt eine Talsenke die mit einigen Kehren überwunden wird. Ab hier ändert sich das Tal und der Verkehr. Das Tal wird breiter und heißt jetzt Rhônetal. Der Verkehr wird deutlich mehr und die Straße ist sehr gut ausgebaut. Bei Brig gibt es ein Stück Autobahn, die ich aber vermeide. Über Visp gelange ich schnell nach Sierre (Siders) und befinde mich nun im französischen Teil der  Wallis. Das Rhônetal ist hier sehr fruchtbar und sowohl neben dem Fluss als auch an den Hängen sieht man Weinreben und Obstbäume in großen Plantagen. Ich bleibe weiter auf der Kantonstraße und fahre durch die schöne Altstadt von Sion. In Riddes wechsle ich auf die andere Rhôneseite und erreiche bald Martigny. Ich nehme mir nicht die Zeit, diese alte Römerstadt näher zu besichtigen, sondern mache mich schon gespannt auf den Weg zum legendären Großen St. Bernhardpass. 


Der Weg dort hin ist sehr gut ausgeschildert, so dass ich auf mein Navigationssystem nicht angewiesen wäre. Auf der Straße in das Val d' Entremot begleitet mich eine Allee von Ahorn- bäumen. Die Straße ist sehr gut ausgebaut und steigt nur gemächlich an. Es herrscht sehr reger Verkehr aber für den Motor-radfahrer wird immer ein Stückchen mehr nach rechts gefahren, dass ein überholen gefahrlos möglich wird. Hinter der Ort-schaft Orsiéres wird die Straße deutlich schmäler und sie verläuft durch einen dunklen Tunnel und einige Galerien. Die letzte Möglichkeit, billigen Schweizer Sprit zu tanken gibt es bei Bourg St. Pierre. Nach einigen Kilometern muss man etwas aufpassen, den in einer Galerie ist die Ausfahrt zur Passstraße. Übersieht man die landet man im fast 6 km langen und mautpflichtigen Scheiteltunnel. Ich habe aufgepasst und bin auf die alte Passstraße ausgefahren. Steil steigt die enge Straße an und die Landschaft wird immer öder. Noch muss eine kleine Kehrengruppe überwunden werden und dann bin ich am alten Hospiz angelangt. Nach einer kurzen Fotopause fahre ich an der berühmten Bernhardinerzucht vorbei zum Grenzübergang. Ohne Grenzformalitäten darf ich nach Italien einreisen - liegt vielleicht auch daran, dass die Italiener vor wenigen Wochen Fußballweltmeister in Deutschland geworden sind. Stolz zeigen sie das mit einem großen Banner über die Straße. Am See mache ich nun eine etwas längere Rast und schaue mir die Souvenirläden an. Ein kleines Mitbringsel muss schon sein. Im Hospiz ist ein kleines Museum eingerichtet, in dem die Geschichte des Passes aufgezeigt wird. Im Mittelpunkt stehen natürlich die Bernhardinerhunde von denen es etwa noch ein Dutzend auf dem Hospiz gibt. Über die gut ausgebauten Kehren der Südabfahrt fahre ich auf italien-ischem Gebiet Richtung Aosta. Nach wenigen Kilometern stoße ich wieder mit den "Tunnelfahrer" zusammen und schleppend geht es dann das Tal hinunter. Obwohl die Straße wieder sehr gut ausge-baut ist, komme ich nicht mehr so schnell voran, den bergab ist das Überholen nicht mehr so einfach. Aber man ist ja in Italien und dort ist das vorbei- schmuggeln an den Autoschlangen die sich durch den Ort zieht noch erlaubt. Besondere Vorsicht ist vorm Schwerverkehr, der sich trotz Autobahn durch die Stadt Richtung Mont Blanc-Tunnel quält, angesagt. Ich bin richtig, froh als ich endlich den Stadtverkehr hinter mir habe. 

Das alte Hospiz mit Hundezucht
Das alte Hospiz mit Hundezucht
Sie gaben dem pass ihren Namen
Sie gaben dem pass ihren Namen

Das Mit Blanc-Massiv
Das Mit Blanc-Massiv

Gemächlich geht es nun das Aostatal hoch Richtung Courmayeur. Bei strahlend blauen Himmel habe ich immer das majestätischen Mont Blanc-Masiv vor Augen. Ich bin froh endlich  Pre-St-Didier erreicht zu haben. Jetzt kann das Motorradfahren wieder beginnen.  Bereits im Ort geht es schon kräftig bergauf und es sollte noch viel viel schöner kommen. Die Auffahrt zum Kleinen St. Bernhard-Pass (franz. Col du Petit St. Bernhard) ist ein motorradliger Hochgenuss. Wenig Verkehr, herrliche Kurven und ein sehr guter Straßenbelag zeichnen diese Passstraße aus. Viel zu schnell bin ich oben auf der Passhöhe angelangt. Fast hätte ich nochmals gewendet und die Strecke noch einmal unter die Reifen genommen. Aber der Blick auf die Uhr und die tolle Aussicht auf dem Pass verhinderten dies.

 


Auf der Passhöhe des kleinen St. Bernhard
Auf der Passhöhe des kleinen St. Bernhard
"Grillabend" in Bourg St. Maurice
"Grillabend" in Bourg St. Maurice

Nach dem Grenzübertritt - der EU sei Dank, es gibt keine Grenzkontrollen mehr - genoss ich die tolle Aussicht mit einem letzten Blick auf den höchsten Berg Europas. Jetzt gesellen sich noch zwei  Motorradfahrer aus Pinneberg dazu und wir kamen schnell ins Gespräch und machen gegenseitig die obligatorischen "Passfotos". Nach diesem kurzen Erfahrungsaustausch mache ich mich wieder auf den Weg.  Die Abfahrt von der Passhöhe steht der Auffahrt in nichts nach. Anfangs geht es ziemlich eben am nordwestlichen Berggrad entlang und man hat einen tollen Blick auf Bourg St. Maurice und den kleinen Isérestausee. Auf halber Strecke kam ich durch den Skiort la Rosière. Die vielen Hotels sind dem ländlichen Stil angepasst und fast ausschließlich aus Natursteinen und Holz gebaut. Die Straße nähert sich nun mit nicht endend wollenden Kehren dem Ort Séez. Von da sind es nur noch wenige Kilometer zum Hotel in Bourg St. Maurice. Dank meines Navigationssys- tems finde ich das etwas außer- halb gelegene Hotel sehr schnell. Ich bekomme ein sehr schönes Zimmer mit Balkon und Blick auf das Skigebiet Arc 2000. Nachdem der Hunger noch nicht so groß ist,  gehe ich noch eine Runde schwimmen ins Hallenbad. Nachdem das Hotel keine Restaurant hat, erkundigte ich mich an der Rezeption nach einem guten Restaurant in der Nähe. In nur 10 Minuten erreiche ich zu Fuß den Altstadtbereich. Am  Samstagabend waren alle Restaurants sehr gut besucht. Ich fand ein schönes Restaurant mit einer freundlichen Bedienung, die auch Englisch sprach und bestellte mir eine große Grillplatte, die ich auf einem Heissenstein serviert bekomme. Mit einem Glas Rotwein ließ ich diesen schönen Tag ausklingen.


Die große Pässetour auf der Grande Alpes

Es sollte die Königsetappe meiner Alpenüberquerung werden. Sechs hohe Alpenpässe

- fünf davon über 2000m hoch- und eine Bergankunft in Alpe d´ Huiz waren zu bewältigen. Die Route führte durch schöne Täler und durch steinige Bergwüsten. Auf schmalen kurven- und kehrenreichen Bergstraßen und auf gut ausgebauten Schnellstraßen in den Tälern. Dies Tagestour hatte von allem etwas und vor allem herrschte den ganzen Tag  schönes Wetter ohne einem Tropfen Regen. Nur auf den hohen Gipfeln kam ich den Wolken sehr nahe.

Ab Séez beginnt nun die berühmte Route des Grandes Alpes. Ich habe zur Vorbereitung einiges gelesen und bin nun schon sehr neugierig und auch etwas nervös. Viele Pässe in den Alpen habe ich in den letzten Jahren schon abgefahren, aber in den französischen Hochalpen war ich noch nie. Die ersten Kilometer sind sehr schön zu fahren und schnell komme ich zur Staumauer des Lac de Chevril und etwas oberhalb tauchte Tignes-sur Lac auf. Ab hier heißt es vorsichtig fahren, den jetzt folgen viele dunkle und feuchte Tunnels mit schlech-tem Straßenbelag. Als ich aus dem letzten Tunnel herausfuhr, sah ich auch schon den berühmten Skiort Val d' Isère vor mir liegen. Ich fahre zügig durch, denn im Sommer ist es ein verlassenes Nest. Über eine alte Stein-brücke fahre ich auf die linke Seite der noch schmalen Isère und es beginnt der Anstieg zum berühmten Col de l' Iseran - dem zweithöchste befahrbare Pass in den Alpen. Anfangs geht es nur sanft ansteigend in weiten Bögen voran. Bald aber ändert sich der Straßenverlauf, die Kurven und die Straße werden enger und steiler. Es folgen jetzt Kurve um Kurve und schnell gewinne ich an Höhe. Bald hätte ich vergessen, die tolle Aussicht auf Val d' Isère zu fotografieren. Nach diesem kurzen Zwischenstopp lasse ich den mehr als hundert Pferden meiner BMW wieder den freien Lauf. Es ist schon fantastisch was den Straßenbauern in den 30iger Jahren da in den Steilhang  gegraben bzw. aus dem Fels heraus gesprengt haben. Unter optimaler Ausnutzung des Ge-ländes konnte auf Spitzkehren fast gänzlich verzichtet werden, so dass das Motorradfahren auf diesem Pass besonders Freude bereitet. Bis zur Scheitelhöhe ist es nicht mehr weit und ich vergesse prompt am berühmten "Table d' Orientation" kurz vor der Passhöhe anzuhalten.

Bilder:

Oben: Staumauer von Tinés

Mitte: Blick auf Val de Iseré

Unten: Straße zum Col de Iserén


Der berühmte Wegweiser am Col de Iseran
Der berühmte Wegweiser am Col de Iseran

Oben angelangt merke ich als ich den Helm abnehme, dass ich mich im hochalpinen Bereich befinden. Es weht ein ziemlicher Wind von Südwesten und dieser treibt die Wolken ziemlich nach unten. Auf der Passhöhe treffe ich einen Motorrad- fahrer aus dem Schwarzwald, den ich schon kurz beim Frühstück im Hotel gesehen haben. Wir unterhalten uns kurz und machen das obligatorische Foto vor dem am häufigsten fotogra- ierten Wegweiser in den Alpen. Nach- dem es auf dieser Höhe trotz Hoch- sommer ziemlich ungemütlich ist, ziehe ich es vor nach Süden abzufahren, denn dort scheint die Sonne. Die Gletscherfelder des Albaron im Blick fahre ich die Serpentinen hinab Richtung Bonneval-sur-Arc.

.

.

Galibier, der schönsten Pass der Alpen
Galibier, der schönsten Pass der Alpen

Bonneval-sur Arc ist ein sehr schönes altes Bergdorf mit den typischen steinbedeckten Holzhäusern. Ab hier geht es nur noch leicht bergab durch das grüne Arctal. Schnell erreiche ich Lanslebourg. Der Verkehr nimmt nun deutlich zu, denn es mündet die Passstraße vom Mont Cenis in die Nationalstraße N 6 ein. Um schneller voranzukommen benutze ich von Mondane nach St. Michel-de-Maurienne ein Stück die Autobahn. An der Ausfahrt 29 verlasse ich mautpflichtige Autobahn, fülle anschließend noch den Tank voll und nehme erwartungsvoll den nächsten Pass in Angriff. Die Auffahrt auf den Col de Télégraphe erfolgt über 14, teilweise steilen Kehren. Oben auf dem Pass ist ein großer Parkplatz mit einem Restaurant. Nachdem sich die Sonne zeigt, lege ich dort eine längere Pause ein. Gut gestärkt mache ich mich jetzt auf den Weg zum berühmten Col du Galibier. Die Tour de France hat diesen Pass besonders oft im Programm. Nach einer kurzen Abfahrt zum aufstrebenden Wintersportort Valloire geht es nun richtig zur Sache. Die Landschaft wird karger und die Geröllfelder  werden mehr. Es folgt ein ca. 8 km langer Serpentinenanstieg zur Passhöhe. Der Ausblick auf dem Pass ist in allen Richtungen gigantisch. Leider ist ziemlich was los auf  dem Pass, so dass ich Probleme habe einen ordentlichen Parkplatz zu finden. Viele Radfahrer eifern hier ihren Idolen nach. Nach dem obliga- torische Erinnerungsfoto vor dem mit vielen Aufkleber verunziertem Pass- schild und einem letzter Blick über die teils vergletscherten Berggipfeln verlasse ich die Nordalpen und fahre Richtung Süden. Das Ecrinsmassiv mit der Meije in der Mitte im Blickfeld geht es auf übersichtlichen Kehren Richtung Col du Lautaret.


Blick vom Galibier: Eine der schönsten Passstraßen die ich gefahren bin
Blick vom Galibier: Eine der schönsten Passstraßen die ich gefahren bin

Beeindruckt von den vielen Radfahrer auf der Passhöhe beschließe ich einen Abstecher nach Alp d' Huez zu machen. Ich möchte auch einmal eine "Bergankunft" erleben. Die Nationalstraße Richtung Grenoble ist sehr gut ausgebaut und so erreiche ich schnell den Lac du Chambo an dem ich entlang fahre. Die nächsten 10 km sind etwas kurviger. Kurz vor Bourg d' Oisans folge ich dem Wegweiser zum berühmten Bergdorf l' Alpe d' Huez. Es folgt nun Kehre um Kehre und Radfahrer um Radfahrer. Nachdem Samstag ist, scheinen viele Familien eine Ausflug zu machen. Eine Herrschar von Radfahrern, angefeuert von den Angehörigen die daneben herlaufen, erklimmen die das Bergdorf. Oben ange-kommen wende ich sofort wieder, denn ich habe ein schlechtes Gewissen mit dem Motorrad hoch-gefahren zu sein. Ich fahre die gleiche Strecke wieder zurück, überquere den Col du Lautaret und mache kurz vor Briancon nochmals Kaffeepause. Der Abstecher nach l' Alpe d' Huez hat doch mehr Zeit gekostet als geplant, so dass eine Stadtbesichtigung ausfallen musste. Ich mache mich gleich auf den Anstieg zum nächsten Höhepunkt dieses Tages, dem Col d' Izoard. Bis Cervières geht die neu asph-altierte Straße ziemlich gerade dahin. Erst nach dem Ort windet sie sich in vielen Kurven durch die hellgrünen Lerchenwälder. Plötzlich ein Stau, was ist los? Die Erklärung folgt schnell. Auch ich als Motorradfahrer, der links an den wartenden Autos vorbei zu fahren versucht, muss halten. Ein Absperr- posten der einigermaßen deutsch kann, klärt mich auf. Auf der Passhöhe findet ein Worldcuprennen mit Skateboards statt. Waghalsige junge Burschen und Mädchen liegen rücklings auf den Brettern und fahren den Pass herab. Gott sei Dank ist das Rennen bald zu Ende und die Passstraße wird wieder freigegeben. Die Folge ist, dass sich danach ein riesiges Verkehrsproblem ergibt und ich froh bin endlich auf der Passhöhe zu sein. Noch schnell das obligatorische Foto vor dem Monument und dann schnell den Trubel verlassen und abfahren in Richtung Guillestre. Die Abfahrt führt durch die berühmte Casse Déserte. Es folgt dann eine der gewaltigsten Serpentinenstrecken der Alpen, bis 1000 Meter tiefer die Festung Château-Queyras erreicht ist. Nochmals 350 Meter tiefer, nach einer interessanten Tunnel-strecke durch die Schluchten des Guil, stosse ich  auf das Städtchen Guillestre. Von dort  aus nehme ich den letzten Pass der heutigen Tour in Angriff. Die Auffahrt zum Col de Vars erfolgt über eine gut ausgebaute Straße über mehrere Kehrengruppen und führt durch grüne Almen. Die Passhöhe (2111 m) - ein Wald und Wiesensattel - ist fasst nicht zu erkennen. Es folgt jetzt noch eine schöne kurvige Strecke durch das enge Tal der Ubaye bevor ich über Jausiers nach Barcalonnette komme. Barcalonnette hat eine besondere Geschichte, denn sie wurde von zurückkehrende Auswanderer, die viele Jahre in Mexiko verbrachten, gegründet. An diesem Samstagabend fand auf dem Marktplatz ein großes Konzert mit mexikanischen Musikgruppen statt. 

Col du Lautaret
Col du Lautaret

.

.

Col d' Izoard
Col d' Izoard

Cime de la Bonette (2802m)
Cime de la Bonette (2802m)

Auf der Grandes Alpes ans Mittelmeer

Heute ist der Tag der Gegensätze. Erst geht es über den höchsten Punkt der Tour, der Cime de la Bonette. Die Route des Grandes Alpes werde ich am Mittlemeer bei Menton beenden und dort auch einen Zwischenstopp einlegen. Anschließend fahren ich in das Piemont zurück. Zuvor stehen aber noch einigen sehr berühmte Pässe auf den Programm.

Nach einem ausgiebigen Frühstück mache ich mich auf die Strecke. Trotz Navigationssystem habe ich Probleme aus Barcelonnette heraus zu finden. Es gibt dort unendlich viele kleine Gassen als Einbahnstraßen. Aber irgendwie schaffe ich es nach Jausier.  Hier  beginnt die Auffahrt zum Pass. Kurvenreich windet sich die Straße durch das enger werdende Tal nach oben. Nach ca. 20 km erreiche ich die Überreste der Casernes de Restefond. Bis zur Passhöhe des Col de Restefond auf 2.680 m sind es dann noch 2 km. Die Passhöhe ist auch Grenze der Départements Alpes-de-Haute-Provence und Alpes-Maritimes. Ich fahre weiter zum Col de la Bonette (2.715 m), der die eigentliche Passhöhe dieser Bergstrecke bildet. Der direkte Durchgang führt wieder hinab in Tal, aber ich umfahre in einer Schleife die Cime de la Bonette und gelange bei 2.802 m zum höchsten Punkt, der in den Alpen auf asphaltierter und durchgehender Straße anzufahren ist. Mit einem kleinen Fuß-marsch erreiche ich die Bergkuppe auf 2.850 Metern von wo aus ich einen Rundumblick über den Nationalpark Mercantour mit seiner eindrucksvollen Geröllwüste habe. Ich genieße das schöne Wetter und den herrlichen Rundblick und bleibe noch einige Zeit auf dem Gipfel.

Die anschließende Abfahrt ins Tal der Tinée führt direkt durch die verfallenen Resten des Fort Camp des Fou- rches. Ab hier senkt sich die schmale Straße steil ab und führt kehrenreich ins Tal. Den Ferienort St. Etienne de Tinée umfahre ich und gelange durch das enger werd- ende Tal nach St. Sauveur-sur-Tinée. Die Straße folgt nun jeder Hangfalte.  In einer Spitzkehre biege ich lins ab und fahre über viele Kurven und Kehren hoch nach St. Martin-Vesubie und weiter zum Col de Turini. Der durch die Rally Monte Carlo berühmt gewordene Col de Turini hat seinen besonderen Reiz. Sowohl die West- rampe über die ich hoch fahre, als auch die Südrampe über die ich nach Sospel hinunter fahre bestehen aus einer Vielzahl von kunstvoll gebauten Kehren. Insgesamt sind es 40 Stück. Nur so ist es möglichen, innerhalb so kurzer Strecke (40 km) einen  Höhenunterschied von mehr als 1500 m zu überwinden. Auf der Passhöhe nahm ich mir noch die Zeit zum Aussichtsberg l' Authion hochzufahren. Auf einem sehr schmalen und größtenteils nur geschotterten Weg umrundete ich den Bergkegel.


Jetzt war Ziel das nicht mehr weit. Als ich nach der traumhaften Abfahrt vom Col de Turini die Ortschaft Sospel erreiche, trennt mich nur noch ein kleiner Pass vom Mittelmeer. Die Straße über den Col de Castillion ist sehr gut ausgebaut und so komme ich schnell voran. Es dauert nicht mehr lange, dann kann ich zum ersten Mal das Meer sehen. Ich fahre unter der Autobahn durch und gelange auf der Hauptsraße direkt an den Strand von Menton. Es herrscht ziemlich viel Betrieb am Strand und ich komme mir mit meiner Motorrad- kleidung wie ein Fremdkörper vor. Ich beschließe deshalb wieder auf Tour zu gehen, denn ich habe ja geplant an diesem Tag noch ein schönes Stück ins Piemont zu fahren und in Fossano zu übernachten. Bis Sospel ging es die gleiche Strecke wieder zurück. Dort halte ich mich rechts und biege, nachdem ich den Col de Bruis überquert habe, in die vielbefahrene Nationalstraße 20 ein. Der Col de Tende ist dann der letzte Pass auf meiner Tour. Ich benutzte aber den Scheiteltunnel, weil mir die 48 Schotterkehren mit meinem schweren Tourer zu anstrengend sind. Auf der sehr gut ausgebauten Straße kam ich trotz des starken Verkehrs gut voran und kam gegen 18.00 Uhr in Fossano an. Ich bezog mein Hotel und ging in die Stadt eine Pizza essen. Bevor ich müde zu Bett ging, musste ich dem Hotelkellner noch einiges über meinen Tour erzählen.

Nachts ging ein kräftiges Gewitter nieder und ich war froh, dass ich das Motorrad in der Tiefgarage unterstellen konnte.

Nach einem sehr vielfältigen und schmackhaften Frühstück machte ich mich am Montag, 21. August 2006 auf die Rückreise nach Oberpöring. Ich habe mich für die schnellste Route entschieden, denn ich wollte noch am gleichen Tag zuhause sein. So fuhr ich kurz hinter Fossano auf die Autobahn und verließ diese erst wieder am Chiemsee. In knapp 9 Stunden schaffte ich mit meiner BMW R1200 RT die  830 km lange Strecke.

.

Ziel erreicht: Das Mittelmeer in Menton
Ziel erreicht: Das Mittelmeer in Menton

Die Alpenüberquerung wurde von mir im Alleingang, da sehr kurzfristig entschieden, vom 18.August  bis 21.August 2006 auf einer BMW R 1200 RT unternommen.