Rund um den Ortler

(über die beiden höchsten Pässe Italiens)

Eine ganz ansehnliche Strecke ist es, die wir uns da rund um die Ortlergruppe vorgenommen haben. In Sponding verlassen wir das Vinschgau und es geht, nach einem Abstecher zu Skiort Sulden, hoch über das Stilfser Joch und den Gàviapass durch den Ortler-Nationalpark, weiter über den Tonalepass ins Val di Sole und anschließend über das Gampenjoch ins Etschtal und über Meran zurück in den Vinschgau.

Die Tour wurde am 14. September 2002 von S. Hackl und mir gefahren. Unsere Motorräder waren eine BMW 1150 GS und eine BMW 1150 RT.

Übernachtet hatten wir in der Pension Florian in Burgeis.

Stilfser Joch - Königin der Alpenstraßen

Nach einem reichhaltigen Frühstück in der Pension geht es dann los zu dieser Tour über die beiden höchsten italienischen Alpenpässen. In Sponding geht es links ab zum Stilfser Joch. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1820 ist die Trassenführung fast nicht verändert worden. Die Fahrbahnbreite beträgt zwischen 5 und 7m, die Steigung beträgt max. 12% , die Strecke von Sponding nach Bormio misst 50 km und ist durchgehend staubfrei. Trotz ihres Alters zählt die Stilfser-Joch-Straße zu den anlagenmäßig interessantesten und landschaftlich attraktivsten Hochalptenstraßen, was ihr den Namen "Königin der Alpenstraßen" einbrachte. Bevor wir aber den Pass richtig angingen, bogen wir in Gomagoi links ab und statteten dem Skiort Sulden einen Besuch ab. Die wenigen Kehren nutzten wir als Einstimmung auf die 48 Kehren die nach der Rückfahrt von dem Abstecher auf uns warteten. Gleich hinter Gomagoi (1266m) geht es dann auch gleich los mit der "Kehrenorgie". Knapp vor dem  Ort Trafoi (1549m) weitet sich das Tal nochmals und man hat  einen schönen Blick auf den Madatschgletscher. Mit zunehmender Höhe nimmt auch der Fahrspass zu. Eine erste Kehrengruppe leiten hinauf zum Gasthaus "Weißer Knott" (1876m) in guter Aussichtslage. Es folgt jetzt mit 15% Steigung das steilste Stück der Strecke. In einer kühnen Kehrenanlage geht es hinauf zur Franzenshöhe (2189m), wo der Blick auf den Ortler frei wird. Jetzt folgt Kehre um Kehre und man gewinnt rasch an Höhe. Vorsicht ist immer beim überholen der vielen Radfahrer angesagt, vor allem bei Gegenverkehr. Besonders beeindruckend sind die in den Fels gehauenen Kehren kurz vor der Passhöhe. Der Übergang des Stilfser Joch ist eine Eldorado für Motorrad- und Radfahrer. Links und rechts der Straße befinden sich zahlreiche Verkaufsstände und Andenkenläden. Einen besonderen Akzent setzt die Jochkapelle mit ihrem offenen Glockenstuhl. Über das Stilfser Joch läuft auch die deutsch- italienische Sprachgrenze. Auf der Südrampe senkt sich die Straße in großen Schleifen. An der Abzweigung zum Umbraipass befindet sich die Grenzstation zur Schweiz. Es folgt die Fahrt durch die wilde Bauliloschlucht. Die Straße ist zum Schutz vor Lawinen und Steinschlägen mit Galerien und Tunnels geschützt. So gelang man sicher nach Bormio.

Der mystische Gavia-Pass

Bormio (1222m) liegt an der Einmündung der Valvuv und der Val Viola in das Addatal, welches im Süden Veltlin genannt wird. Für den leidenschaftlichen Tourenfahrer ist die Fortsetzung der Route über den Gàviapass ein hochalpiner Leckerbissen, der wegen seiner landschaftlichen Vielfalt und der relativen Unberührtheit entsprechend hoch zu bewerten ist. Auf beiden Rampen befährt man große Teile des "Ortler-Nationalparks". Nach dem man in Bormio links abgebogen ist geht es in das landschaftlich bestaunenswerte Valfuva. Bis Santa Caterina folgt man auf der gut ausgebauten und fast ebenen Straße  dem Flusslauf des Frondolfo. Kurz nach Santa Caterina geht es dann richtig zur Sache. Die nun deutlich schmälere Straße steigt in einer 10er Kehrengruppe stark an. Kurve um Kurve und Kehre um Kehre geht es jetzt in eine immer prachtvoller werdende, fast unberührt wirkende Naturlandschaft mit dem herrlichen Ausblick auf die dreitausender der Ortlergruppe.

Die nunmehr von Latschen gesäumte Straße leitet in die hochalpine Region. Das viel Glimmer enthaltende Gestein schimmert im Sonnenlicht wie  tausend kleine Sterne. Die Scheitelstrecke erfordert nach wie vor fahrerisches Können und Ausdauer, gleichwohl jetzt Leitplanken vor abgründigen Tiefen schützen. Sicher kommen wir an der Passhöhe mit dem kleinen Lago Bianco an und legen eine kleine Pause ein, um uns zu erholen und die schöne Umgebung zu bestaunen. 

Die weitere Fahrt über die Südrampe des Gàvia erfordert nochmals die ganze Aufmerksamkeit. Zwar ist die Straße jetzt durchgehend asphaltiert und die berüchtigte Engstelle,  an der vor Jahren ein Militärlastwagen mit Alpinisoldaten verunglückte, wurde mittlerweile durch einen Tunnel entschärft. Trotzdem muss man immer noch sehr vorsichtig fahren und höllisch aufpassen, denn die jetzt folgenden Kehren sind teilweise  sehr eng. Im unteren Bereich, der fast ständig durch Lerchenwald führt besteht bei Nässe erhöhte Rutschgefahr durch Nadeln auf der Fahrbahn. Der Gavia ist für Fahranfänger oder Passneulinge ein Nummer zu schwierig, auch für geübte und erfahrene Passfahrer ist er bei schlechtem Wetter eine große Herausforderung und sollte wenn möglich, gemieden werden.

Über den Tonalepass und das Gampenjoch in den Vinschgau

Der ca. 10 km lange Abschnitt zur Passhöhe des Tonale (1883) wurde großzügig ausgebaut; er stellt den Übergang zum Val del Sole dar. Oben am Pass kann man mit der Seilbahn in das vielbesuchte Sommerskigebiet am Presenagletscher hoch fahren.

Die Straße lädt zum Schnellfahren ein und man muss aufpassen, dass man als flotter Tourenfahrer nicht von den rasenden italienischen Rennfahrern in den Kurven ausgebremst wird. Vom Pass abwärts folgt man der SS 42 und gelangt wegen der fehlenden Ortsumfahrungen durch viele Ortschaften. Hier machte ich das erste Mal Bekanntschaft  mit den sogenannten "intelligenten" Ampeln, diese schalten, wenn man zu schnell dran ist, plötzlich auf Rot und man ist gezwungen eine Pause einzulegen. Über Cusiano und Malè gelangt man an den fjordartigen Lago di S. Giustina, den man überquert und am nördlichen Ufer entlang weiter fährt Richtung Revo.

Ohne Zweifel beginnt hier der landschaftlich lohnendste und der fahrerisch  mit interessanteste Teil der Strecke. Die Straßenverhältnisse sind sehr gut und links und rechts begleiten uns die Obstplantagen und Weinberge auf der kurvigen Fahrt durch das obere Nontal. Die Fahrt führt durch die Orte Cago, Revo, Romallo und Brez. Kurz vor Fondo überqueren wir  auf einer steinerne Brücke  die Novellschlucht. Anschließend führt uns eine Kehrengruppe hoch nach Fondo. Dort biegen wir links ab zum  Gampenjoch. Diese kürzeste Verbindung ins obere Etschtal verläuft auf der Südseite recht anspruchslos, dafür entschädigen aber bei der Abfahrt nach Lana mit einige schöne Kehren und dem traumhafte Blick ins Etschtal. Ab Lana empfiehlt es sich, auf der Schnellstraße Meran zu umfahren um so schnell in den Vinschgau zu gelangen.